Jeder kann Asthma bekommen


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SZ Interview von Frau Scholze-Luft mit Herrn Prof. Dr. Koschel, Chefarzt für Innere Medizin am Fachkrankenhaus Coswig:

Herr Professor, oft heißt es angesichts eines hustenden älteren Mannes: Der hat Asthma. Doch offensichtlich sind nicht nur Ältere und Männer betroffen. Wer kann an Asthma erkranken?

Jeder Mensch kann Asthma - eine chronische Entzündungserkrankung der Bronchialschleimhaut - bekommen. Allerdings gibt es bestimmte Risikofaktoren. So innerer Art, bei genetischer Veranlagung, wenn Eltern oder Großeltern Asthmatiker oder Allergiker sind. Zu den äußeren Faktoren gehört Übergewicht, mit Einfluss auf Auftreten und Verlauf der Krankheit, es spielt schon im Kindesalter eine große Rolle. Zu unterscheiden sind ein typisch allergisches Asthma - vor allem bei Kindern - und ein spät auftretendes Asthma, bei 50- bis 70-Jährigen, gekennzeichnet durch eine erhöhte Anzahl von bestimmten weißen Zellen, den Eosinophilen.

Wodurch macht sich die Krankheit bemerkbar?

Der hustende Opa, den Sie ansprachen, hatte vermutlich COPD, eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Rauchern, mit Husten, Atemnot bei Belastung, häufigen Atemweginfekten. Asthma kann sich bemerkbar machen durch Hüsteln, pfeifende Atemgeräusche, Atemnot in Ruhe und bei Belastung, aber auch nächtliches Husten und Atembeschwerden.

Um genau zu wissen, was hinter den Erscheinungen steckt, sollte man schnell zum Arzt. Was macht der?

Asthma ist manchmal schwierig zu diagnostizieren. Neben der Vorgeschichte der Atemwegsbeschwerden ist ein Lungenfunktionstest nötig, wobei die Einengung der Bronchien im Ruhezustand häufig nicht zu sehen ist. Die Überempfindlichkeit der Bronchialschleimhaut, die beim Asthma eigentlich immer da ist, lässt sich dann mittels eines sogenannten inhalativen unspezifischen Provokationstests feststellen.

Wie wird Asthma behandelt?

Medikamentös ist die Grundlage ein Kortisonspray. Wer jetzt erschrickt, weil es bei Kortison viele Bedenken gibt, dem sei gesagt: Es ist ein Unterschied, ob es über eine längere Zeit als Tablette, Spritze oder eben nur Spray genommen wird. Viele Untersuchungen zu der Anwendung von inhalativem Kortison bestätigen, dass dies sicher ist und nicht die vielen befürchteten Langzeitfolgen hervorruft, die wir von der dauerhaften Tabletteneinnahme her kennen. Kortisonspray wirkt gegen die Entzündung der Bronchialschleimhaut, die letztlich zur Einengung der Bronchien und damit zur Atemnot führt. Zusätzlich werden bronchienerweiternde Medikamente, ebenfalls zum Inhalieren, eingesetzt, die oft mit dem Kortison in einem Spray fix kombiniert sind. Um das Asthma zu kontrollieren, müssen diese Sprays regelmäßig täglich angewendet werden. Bei dennoch auftretenden akuten Beschwerden, beispielsweise beim Sport, kann ein schnellwirksames Bedarfsspray zusätzlich eingesetzt werden. Damit haben 90 bis 95 Prozent der Asthmapatienten die Krankheit gut im Griff, wir sagen dazu, das Asthma ist kontrolliert!

Was ist mit den Übrigen?

Diese Menschen mit einem sogenannten schweren Asthma haben keine ausreichende Kontrolle über ihre Krankheit und häufig starke Beschwerden. Ihnen kann seit einigen Jahren mit einer Antikörpertherapie geholfen werden, die zielgerichtet etwa gegen die allergische Reaktion oder die Entzündung durch die eosinophilen weißen Blutzellen wirkt. Seitdem haben viele Patienten mit einem schweren Asthma eine viel bessere Krankheitskontrolle, leiden unter weniger Asthmaanfällen und müssen deutlich weniger Kortisontabletten einnehmen, welche in diesem Stadium dann doch notwendig waren. Inzwischen kommen jedes Jahr neue Behandlungsmethoden dazu, die zwar sehr teuer sind, aber auch sehr verträglich und wirksam.

Gute Aussichten für die Behandelten?

Tatsächlich gab es in den vergangenen 10 bis 20 Jahren große Fortschritte. Dass ein Asthmapatient auf die Intensivstation und dort beatmet werden muss, ist inzwischen sehr selten, eine Rarität. Ich als Klinikchef sehe überwiegend nur noch die maximal zehn Prozent der schweren Asthmatiker. Die große Mehrheit der Asthmatiker wird von den niedergelassenen Lungenfachärzten, mit denen wir eng zusammenarbeiten, betreut.

Heißt das, dass es bald gar keine Asthmakranken mehr gibt?

Im Fachkrankenhaus sind unter den 7 500 Patienten jährlich immerhin 200 stationäre Patienten mit Asthma als Hauptdiagnose, dazu kommen die ambulant Betreuten. Die Zahl ist etwa gleichbleibend. Wissen muss man auch, dass Asthma nicht heilbar ist, sich aber bei manchen Kindern verliert.

Gibt es Möglichkeiten der Vorbeugung?

Ja, unter anderem vier Monate stillen, dann Beikost dazugeben. In Asthmatiker- und Allergikerfamilien besteht Gefahr durch Fell- und Federtiere, eventuell kann das Halten von Hunden zwar protektiv sein, das von Katzen dagegen sehr problematisch. Tabakrauch stellt ebenfalls ein großes Problem dar, gerade für Kinder. Umweltschadstoffe - unter anderem in verkehrsreichen Städten - bilden ebenfalls ein erhöhtes Risiko. Wachsen Kleinkinder in einer ländlichen Umgebung auf, besonders auf einem Bauernhof, haben viele Geschwister oder gehen früh in eine Kita, dann scheint das Risiko für ein Asthma vermindert.

Quelle: SZ Archiv